Ein Abend für Egon Bahr
im Gespräch mit Klaus G. Saur
Egon Bahr wurde 1922 in Treffurt/Thüringen als Sohn eines Lehrers geboren und kam über Torgau 1938 nach Berlin. Wegen seiner jüdischen Großmutter wurde ihm das Musik-studium nach dem Abitur 1940 verwehrt. Er begann eine Lehre bei Rheinmetall-Borsig, wurde 1942 zum Kriegsdienst eingezogen und 1944 unehrenhaft entlassen – wegen des jüdischen Erbteils.
Nach Kriegsende arbeitete er als Journalist bei der »Berliner Zeitung « und dem »Tagesspiegel«. Zwischen 1950 und 1960 war er Kommentator beim Berliner RIAS, bevor er vom Regierenden Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, zum Leiter des Presse- und Informationsamtes berufen wurde. Bahr setzte sich für eine Kursänderung in der bundesdeutschen Ostpolitik ein: Für ihn bedeutete die Anerkennung des Status quo die Voraussetzung für Veränderungen. Bereits am 15. Juli 1963 prägte er in der Evangelischen Akademie Tutzing die legendäre Formel »Wandel durch Annäherung«. Mit der Ernennung von Brandt zum Außenminister im Dezember 1966 kam Egon Bahr als Sonderbotschafter nach Bonn und setzte dort seinen Weg als »ostpolitischer Chefplaner« (»Der Spiegel« 1970) fort. Er knüpfte ein Geflecht von Kontakten und flankierenden Maßnahmen, bevor er selbst im Januar 1970 in Moskau die ersten Verhandlungen über einen Gewaltverzichtsvertrag mit der UdSSR aufnahm, der im August 1971 unterzeichnet wurde. Es folgten das Transitabkommen (Dezember 1971) und der Grundlagenvertrag (Mai 1972) mit der DDR.
Zwischen 1972 und 1990 war er Mitglied des Deutschen Bundestages.Nach Brandts Rücktritt im Mai 1974 wird Egon Bahr bis zur nächsten Wahl 1976 Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das Thema »Ost-West-Konflikt« ließ Egon Bahr jedoch nie los.
Wenngleich seine Ideen und Überzeugungen bisweilen mehr Aufsehen erregten als Zustimmung erhielten, so bleibt er doch unbestritten »einer der bedeutendsten außenpolitischen Köpfe der Bundesrepublik « (»Die Welt« 20.05.1999).
Klaus G. Saur zählt zu den bedeutendsten deutschen Verlegerpersönlichkeiten. 1941 in Pullach geboren baute er ab 1963 den väterlichen Betrieb zur K. G. Saur Verlag GmbH, einem der international renommiertesten Verlage im Bereich der Dokumentation und Information, aus.
Er verlegte u. a. das »Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums« mit einem Umfang von 310 Bänden, das »Deutsche Biographische Archiv« (DBA), das die Welt (16.12.1994) als »Revolution der Dokumentation« bewunderte, und das »Internationales Biographisches Informationssystem«.
Als eine der größten verlegerischen Herausforderungen benannte Klaus G. Saur die Herausgabe des »Allgemeinen Künstlerlexikons«, das auf inzwischen mehr als 100 Bände angewachsen ist.
Seit 2006 ist Klaus G. Saur Vorsitzender der »Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin e.V.«